5 Fragen an Herrn Thorsten Gerland Hörgeräteakustiker Meister und Inhaber von Gerland Hörgeräte
Herr Gerland, warum ist eine möglichst frühe Erkennung von Hörschäden bei Kleinkindern so wichtig?
Ein intaktes Gehör ist die Voraussetzung für eine altersgemäße Entwicklung, vor allem aber dafür, dass das Kind sprechen lernen kann. Da diese Entwicklung direkt nach der Geburt beginnt und die ersten Lebensmonate prägend sind, sind vor allem die Eltern gefragt Ihr Kind genau zu beobachten und beim Verdacht einer Schwerhörigkeit sofort den Kontakt zu einem spezialisierten HNO-Facharzt oder Pädaudiologen zu suchen.
Wie lässt sich überhaupt in frühem Kindesalter feststellen, ob das Gehör richtig funktioniert?
Erste Untersuchungen des Gehörs von Neugeborenen erfolgen routinemäßig kurz nach der Geburt im Krankenhaus. Die angewandten Testmethoden funktionieren ohne aktive Mitwirkung des Kindes und messen entweder die akustischen Emissionen des Hörorgans oder mittels auf die Haut geklebter Elektroden elektrische Reaktionen des Hirnstammes.
Mit zunehmendem Alter und mehr aktiver Mitarbeit des Kindes sind die Messungen immer einfacher durchführbar und werden genauer.
Was können Sie Eltern empfehlen, bei deren Kind ein Hörschaden diagnostiziert wurde?
Immer dem Rat der Experten zu folgen und sich selbst über alle Möglichkeiten zu informieren.
Man sollte zeitnah mit einer Versorgung beginnen. Je nach Diagnose erfolgt eine ärztliche Behandlung entweder mit dem Ziel das Hörvermögen wiederherzustellen, zeitnah eine Versorgung mit modernen, digitalen Hörsystemen zu beginnen oder auch eine Versorgung mit Hörimplantaten in einer Fachklinik zu überdenken.
Inwiefern unterscheidet sich ein Hörgerät für Kinder von einem Gerät für Erwachsene?
Die technische Basis sind immer die aktuellsten Hörsysteme am Markt, nur modifiziert für die Bedürfnisse der Kinder, also besonders hochwertige Hörsysteme mit vielen Einstellmöglichkeiten, die eine gute Nachbetreuung erlauben.
Natürlich müssen diese Geräte besonders robust und spritzwassergeschützt und an die Größe von Kinderohren angepasst sein. Entscheidend sind auch die Anschlussmöglichkeiten für notwendiges Zubehör wie Funkanlagen für Kindergarten und Schulen, Bluetooth für Telefon, PC oder Medien und Induktionsspulen für die Sprachübertragung im Kino oder Kirche.
Muss das Kind wegen des Hörgerätes mit Einschränkungen leben, etwa beim Sport- oder Schwimmunterricht? Müssen die Hörgeräte dem Alter angepasst immer wieder ausgetauscht oder erneuert werden?
Generell bieten auch die bestmöglich angepassten Implantate oder Hörsysteme alleine keinen 100%tigen Ersatz für ein gesundes Gehör – wir kommen aber mit optimaler Einstellung und dem passenden Zubehör sehr nahe an das Optimum heran. Da die neuen aufladbaren Geräte bis auf die Mikrofonöffnungen schon wasserdicht sind, ist auch schweißtreibender Sport möglich. Für das Schwimmen ist passendes Zubehör erforderlich. Weil Kinder sich laufend entwickeln, werden die Hörgeräte im Rahmen der Nachsorge permanent angepasst und in der Regel alle 4-5 Jahre durch ein aktuelles Modell ersetzt. Das Krankenkassensystem in Deutschland ist so gut ausgestattet, das dies in aller Regel ohne Mehrkosten erfolgt.
Wie erkenne ich die Spezialisten für eine Hörgeräteversorgung bei Kindern?
Die Spezialisten sind Hörakustiker mit einer Weiterbildung zum Pädakustiker. Die Pädakustik ist ein Spezialgebiet in der Hörakustik, das aufgrund der besonderen Anforderungen bei Anpassungen zu einer besonderen Spezialisierung führt.
Pädakustiker müssen sich besonders mit alternativen Versorgungen auskennen, das reicht von den Knochenleitungsversorgungen über Hörimplantate bis zu allen Varianten der Cochlear®-Implantate.
Das Hörproblem akzeptieren
Die Nachricht, dass Ihr Kind schwer hören kann, führt bei allen Eltern zunächst zu einer Verunsicherung. Wir wollen Ihnen dabei helfen, mit den emotionalen Aspekten der Schwerhörigkeit Ihres Kindes umzugehen.
Die Gewissheit, dass Ihr Kind schlecht hört, lässt Sie sicher beunruhigt in die Zukunft blicken.
Es wird schwer sein, zu akzeptieren, was die Ärzte sagen. Dies sind verständliche Reaktionen.
Man benötigt Zeit, um zu verstehen was es bedeutet, dass das eigene Kind schwerhörig ist. Nehmen Sie sich diese Zeit für sich — aber lassen Sie sich nicht zu viel Zeit bei der Versorgung Ihres Kindes. Jeder Monat zählt. Sammeln Sie Informationen, die Ihnen helfen, mit den praktischen Seiten dieser neuen Situation fertig zu werden. Wenden Sie sich gegebenenfalls an Vereinigungen oder Förderstellen.
Schwerhörigkeit bei Kindern – Arten und Ursachen
Schallleitungs- Schwerhörigkeit:
Diese Höreinbuße entsteht durch Probleme im äußeren und/oder im Mittelohr, die den Schall daran hindern in vollem Umfang bis an das Innenohr vorzudringen. Bei Kindern wird dies oftmals durch Mittelohrentzündungen verursacht. Eine Schallleitungs-Schwerhörigkeit kann aber auch durch Ohrenschmalz, ein Loch im Trommelfell oder eine Veränderung an den Gehörknöchelchen entstehen. Bei dieser Art der Schwerhörigkeit besteht in der Regel die Option auf medizinische Hilfe, d.h. sie ist operativ oder medikamentös behandelbar.
Schallempfindungs-Schwerhörigkeit:
Diese Schwerhörigkeit tritt auf, wenn eine Reihe von Nervenenden im Innenohr (auch Haarsinneszellen genannt) nicht korrekt arbeiten. Die Ursache können bei Kindern z.B. eine angeborene Schwerhörigkeit, äußere Einwirkungen wie Medikamente oder Lärm sein. Der Bereich, in dem die Nervenenden abbrechen, kann die Schallwellen, die bei ihm ankommen, dann nicht mehr in elektrische Impulse umwandeln. Der Mensch hört diese Töne dann nur verzerrt oder gar nicht mehr.
Physiologische Gründe für eine Hörschädigung
- Infektionen während der Schwangerschaft (z. B. Masern)
- Komplikationen während der Geburt (z. B. Frühgeburt oder Sauerstoffmangel)
- Vererbte, genetische Faktoren
- Mittelohrentzündungen, Traumata (z. B. Kopfverletzungen)
- Infektionen (z. B. Meningitis, Mumps, Masern oder Keuchhusten)
- Sehr laute Geräusche (z. B. Feuerwerk oder Maschinenlärm)
- Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Antibiotika)
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